Donnerstag, 15. Mai 2014

Zukunft: Schicksal oder freier Wille?


(pessimistischer Essay zum Thema Zukunft)

„Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“ Dies sagte einst das weltbekannte Physiker-Genie Albert Einstein. Und damit dachte er einen Satz, den heutzutage immer seltener jemand denkt: Einstein sorgte sich um seine Zukunft; beschäftigte sich nicht mit Unwichtigem, Vergangenem, sondern mit der Gegenwart, um durch sorgfältiges, langfristiges Denken seine Zukunft zu beeinflussen. Und wer macht das denn heutzutage noch? Unsere Studenten wollen noch Politiker und Forscher werden, um die Welt für sich und die Menschheit besser zu machen. Doch schon die nächste Generation weist das Gegenteil auf: Nicht umsonst wird sie „Null-Bock-Generation“ genannt. Hier spüren wir den Hauch einer wiederkehrenden Hippie-Ära: Lasst uns chillen und frei sein! Yolo! Es wird gekifft, es wird konsumiert an jeder Ecke: „Live the present moment!“ lautet sogar die Aufforderung dazu. Vergangenes ist unwichtig, doch auch die Zukunft ist einfach nur lame. Wen interessiert die schon? Passt schon alles, wird schon gehen, yolo, ich nehm’s wie’s kommt. Erstmal Spaß haben. Umso größer sind die Bemühungen der Erwachsenenwelt, die neue Generation wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen: Tatkräftig wird die Jugend zum wählen aufgerufen, zur Beteiligung an der Politik und für mehr Interesse an dieser. Denn sie ist es, auf die unsere Zukunft baut; Politik ist unsere Zukunft. Politik ist immer und überall; Politik ist alles. Wie kann es also eine ganze Generation von Menschen geben, die diese Tatsache so völlig ignorieren und mit einem fast schon beiläufigen Wink der Hand beiseitewischen? Die so naiv und engstirnig sind, ihre Zukunft in die Hand des Schicksals zu legen, welchem sie rückhaltlos und aus einer Laune heraus vertrauen, ohne zu wissen, ob es sie auffangen wird, wenn sie fallen? Denn das wird es nicht; das Schicksal hat Besseres zu tun als den Babysitter für freche Kinder zu spielen. Vermutlich hat es einen Fulltime-Job bei der „Schützt-die-Welt-vor-den-Menschen“-Organisation. Denn auch dies ist ein großes Problem: Menschen mit der Denkweise wie der unserer aktuellen Hipster-Ära verwirken nicht nur mit einem gelangweilten Schulterzucken ihr eigenes Leben, und auch nicht nur das ihrer Kinder und Enkelkinder – die noch alle in mickrigen Hartz-IV-Wohnungen enden werden, wenn es so weitergeht –, sondern auch die Zukunft der Welt und der Menschheit an sich. „Kein Bock“ und „Ist mir egal“ tun der Erde nicht gerade gut. Bald wird es von dicken Menschen nur so wimmeln, die mit einem „You only live once“ als ihrem Lebensmotto auf der Zunge täglich drei Mal in eins der Milliarden Fast-Food-Restaurants gehen und sich vollstopfen. Der Drogenkonsum wird zunehmen, und sobald die Aufmerksamkeit der intelligenten Menschen nachlässt und der Wille der Mehrheit erfüllt wird (was trotz allem zu erhoffen ist, da es sich „Demokratie“ nennt), werden auch Drogen erlaubt werden. Der erste Schritt ist doch schon längst getan: Obwohl Zigaretten und Alkohol zu den Drogen gehören, sind sie völlig legal. Nicht nur das: Mittlerweile sinkt die Altersbegrenzung für den Konsum immer weiter. Deutschland dabei einer der Spitzenreiter, ein wunderbares Vorbild: Bier, Wein und Sekt ab 16, und bald werden alle nacheifern. Wie könnte es auch anders sein – Menschen wollen Geld. Sinkt die Altersbeschränkung, gibt es mehr Konsumenten. Mehr Konsum bedeutet eben mehr Geld. Das wiederum bedeutet bessere Wirtschaft, bedeutet besserer Wettbewerb, bedeutet eine einwandfreie und wie geschmiert laufende Marktwirtschaft. Bedeutet: Die Regierung fühlt sich mächtig, ist reich, und alle sind glücklich. Dabei verwirken wir damit nur Schritt für Schritt unsere Zukunft. Schriebe Gott ein Buch über seine erfolgreichste Schaffung, so würde es ein Bestseller werden. Eine Anti-Utopie vom Feinsten, die sogar die weltberühmten „Tribute von Panem“ und die Divergent-Trilogie in den Schatten stellen würde. Menschen lieben Tragödien und Katastrophen; dies offensichtlich auch im wahren Leben. Es muss unglaublich unterhaltsam sein, den Polkappen beim Schmelzen zuzusehen. Oder den Menschen in Afrika beim Verhungern. Oder seinen eigenen Landsleuten beim Sterben in Kriegen, die sie für das Wohl der Allgemeinheit bestreiten. Anders ließe sich das dezente Desinteresse der Menschheit nicht erklären, das wohlgemerkt nicht nur in der Null-Bock-Generation existiert. Ich habe Studenten erwähnt, die Forscher und Politiker werden wollen, um die Welt für sich und die Menschheit besser machen wollen – nun, das stimmt nicht so ganz. Dies ist wohl nur der Eindruck, den die meisten von ihnen Erwecken wollen. Denn eigentlich kümmern sie sich nur um sich selbst, wollen reich und berühmt werden. Sie sind genauso selbstsüchtig wie unsere vorbildliche Regierung, die ja nur ein kleines Bisschen Macht will; und hey, wer spioniert nicht gerne dem Geschäftspartner hinterher? So sieht sie wirklich aus, unsere scheinheilige Welt. Verdorbene Staatsoberhäupter und faule, hirnlose Neuzugänge. Keiner kümmert sich um das, was sein wird und wirklich zählt; nein, die Zeit, in der Menschen noch dachten, ist fast schon vorbei. Wir leben in einer Welt, in der es keinen eigenen Willen gibt, der die Zukunft beeinflussen könnte; dieser wurde protestlos durch Gier, Selbstsucht und Faulheit ersetzt. Samt und sonders wird unser aller Schicksal in seine eigenen Hände gelegt. Auf dass es sich gefälligst um sich selbst kümmere! Irgendwann wird ein Typ mit etwas mehr Funken Verstand auftauchen, der sich dann zum Herrscher über seine willenlose Schafs-Armee aufschwingen wird, wie es ja so, hm, um 1933 herum bereits einmal geschehen ist. Doch diesmal wird das Blatt sich nicht mehr wenden; es wird der Super-GAU sein; während wir alle nur dastehen, Albert Einsteins berühmtes Zitat lesen und denken: „Was für ein altmodischer Kerl.“



©StefanieRoss

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